Vitamin C (L-Ascorbinsäure) gehört zu der Gruppe der wasserlöslichen Vitamine, das sowohl innerhalb als auch außerhalb der Zellen wirksam ist.
L-Ascorbinsäure ist ein starkes Reduktionsmittel, das unter Abgabe von Wasserstoff zu Dehydroascorbinsäure (DHA) oxidiert wird. Dieser enzymatische Vorgang verläuft über die intermediär entstehende radikale Semidehydroascorbinsäure. Schließlich stellt L-Ascorbinsäure zusammen mit Dehydro- und Semidehydroascorbinsäure ein reversibles Redoxsystem dar, woraus sich die antioxidative Wirkung des Vitamin C ergibt [3, 10, 12].
Aufgrund seines Redoxpotenzials ist das wasserlösliche Antioxidans an zahlreichen enzymatischen Reaktionen beteiligt, darunter an der Kollagen- und Katecholaminsynthese sowie Hydroxylierung von Steroiden [1].
Ascorbinsäure kann im Säugetierstoffwechsel aus Glukose über den Glucuronatweg, das heißt über die Zwischenstufen D-Glucuronsäure, L-Gulonsäure und L-Gulonolacton hergestellt werden [2, 13, 16]. Die Biosynthese von Ascorbinsäure erfolgt weiterhin durch Oxidation von L-Gulonolacton durch das Enzym L-Gulonolacton-Oxidase.
Da das Gen, das die L-Gulonolacton-Oxidase kodiert, im Laufe der Entwicklung unter anderem bei Primaten mutiert ist, können sie Ascorbinsäure nicht selbst synthetisieren [13, 14]. Sowohl Menschen, Menschenaffen als auch Meerschweinchen sind auf eine exogene Vitamin C-Zufuhr durch die Nahrung angewiesen [13, 14].
Stimmt nicht ganz: Eskimos können sehr wohl Vitamin selber synthetisieren.
Antioxidationsschutz
Vitamin C ist ein wichtiges Antioxidans im wässrigen Milieu unseres Körpers. Als „free radical scavenger“ – Radikalfänger – fängt es insbesondere toxische Sauerstoffradikale, wie Superoxid, Wasserstoffperoxid, Singulett-Sauerstoff sowie Hydroxyl- und Peroxylradikale, ab. So wird deren Eindringen in das Lipidsystem und damit die Lipidperoxidation verhindert [5, 12].
Die antioxidativen Eigenschaften des Vitamin C spielen sowohl in der zellulären als auch humoralen Immunabwehr eine wesentliche Rolle [1]. Darüber hinaus schützt Ascorbinsäure die DNA vor Schäden durch reaktive Sauerstoffmoleküle [18].
Die antioxidativen Funktionen der L-Ascorbinsäure stehen in enger biochemischer Wechselwirkung mit denen der Vitamine A und E, sowie der Carotinoide [4].
Im Vordergrund steht die Fähigkeit von Vitamin C, Tocopherol-Radikale regenerieren zu können [2, 12, 16]. Das im wässrigen Medium des Zytosols vorhandene Vitamin C wandelt unter Bildung von Dehydroascorbinsäure oder durch Glutathion Vitamin E-Radikale, die zuvor aus der Lipidphase in die wässrige Phase „gekippt“ sind, in Vitamin E um [2, 16]. Im Anschluss „kippt“ Vitamin E in die lipophile Phase zurück, um wieder als Antioxidans wirksam zu sein [16].
Auf diese Weise übt L-Ascorbinsäure einen „Tocopherol-sparenden Effekt“ aus und unterstützt Vitamin E in seiner antioxidativen Wirkung [5, 9, 16].
Hydroxylierungsreaktionen
Bei Hydroxylierungsreaktionen wirkt Vitamin C in Form der Dehydroascorbinsäure als Elektronenakzeptor. In Form der L-Ascorbinsäure gibt es hingegen Elektronen ab beziehungsweise ist am Elektronentransfer beteiligt [12].
Hydroxylierungsreaktionen – Kollagenbiosynthese
Die Verwendung als Cofaktor bei der Kollagenbiosynthese stellt eine der wichtigsten biochemischen Funktionen der Ascorbinsäure dar. Im kollagenen Binde- und Stützgewebe kommt es unter Mitwirkung von Vitamin C zur Hydroxylierung von Prolin zu Hydroxyprolin und von Lysin zu Hydroxylysin. Diese Eiweißbestandteile des Kollagens tragen sowohl zur dessen Stabilisierung durch Ausbildung einer Tripelhelix als auch zur Ausbildung von Quervernetzungen bei [2, 3, 12]. Ascorbinsäure ist demzufolge für die Wundheilung, Narbenbildung und das Wachstum (Neubildung von Knochen, Knorpel und Dentin) unerlässlich [12].
Unabhängig von der Hydroxylierungsreaktion fördert L-Ascorbinsäure die Genexpression der Kollagenbildung in den Fibroblasten [2, 3, 12, 16]. Vermutlich ist für diesen Mechanismus die Beteiligung reaktiver Aldehyde von Bedeutung, die durch die ascorbinsäureabhängige Reduktion von Fe3+ (Nicht-Hämeisen) zu Fe2+ (Hämeisen) entstehen. Sie stimulieren die Transkription von Kollagen in den Fibroblasten [2].
Weiterhin unterstützt Ascorbinsäure die Entwicklung und Reifung des Knorpels. Anhand von Untersuchungen konnte unter Einfluss von Ascorbinsäure ein Anstieg der alkalischen Phosphatase sowie eine Regulation des heranreifenden Chondrozyten festgestellt werden [2].
Hydroxylierungsreaktionen – Steroidbiosynthese
L-Ascorbinsäure wird bei Hydroxylierungsreaktionen von Steroiden und für die Bildung der Cholesterol-7-hydroxylase – ein überaus notwendiges Enzym beim Abbau von Cholesterol zu Gallensäuren – benötigt [2, 3, 16].
Die Synthese der Glucocorticoide in der Nebenniere ist ebenfalls ascorbinsäureabhängig. Das Glucocorticoid Cortisol gehört zu den Stresshormonen der Nebennierenrinde und wird bei körperlichen und seelischen Stresssituationen vermehrt ausgeschüttet. Cortisol reguliert den Salz- und Wasserhaushalt, greift steuernd in den Protein- und Kohlenhydratstoffwechsel ein und steigert die Fettverbrennung. Schließlich trägt das Steroidhormon aufgrund der Bereitstellung von Glukose und des Fettabbaus zur Energiegewinnung bei [11]. Da Cortisol zudem einen entzündungshemmenden und immunsuppressiven Effekt aufweist, ist es zur Bewältigung von Stress unerlässlich [11].
Ein Mangel an Ascorbinsäure hat eine reduzierte Glucocorticoidsynthese zur Folge. Niedrige Cortisolspiegel führen letztlich zu einer verminderten Stressantwort [2, 3, 16].
Hydroxylierungsreaktionen – Folsäuresynthese
L-Ascorbinsäure ist bei der Überführung von Folsäure in die aktive Form – Tetrahydrofolsäure – beteiligt und schützt das B-Vitamin vor Oxidation [3, 16].
Hydroxylierungsreaktionen – Aminosäuresynthese
Des Weiteren ist Vitamin C für den Stoffwechsel verschiedener Aminosäuren, wie Tryptophan, Serotonin und Tyrosin, erforderlich. Die Hydroxylierungsreaktion von Tryptophan zu 5-Hydroxytryptophan – Vorstufe des Serotonins – benötigt Dehydroascorbinsäure [3, 12, 16].
Hydroxylierungsreaktionen – Katecholaminbiosynthese
Ascorbinsäure fungiert als Cofaktor der Dopamin-Beta-Hydroxylase und ist somit ein wesentlicher Bestandteil bei der Hydroxylierung von Dopamin zu Noradrenalin [16, 17]. Während dieser Reaktion wird L-Ascorbinsäure unter Abgabe von Wasserstoff zu Dehydroascorbinsäure (DHA) oxidiert. Die dabei intermediär entstehende Semidehydroascorbinsäure wird unter Einfluss des spezifischen Proteins Cytochrom b 561 wieder zu Ascorbinsäure umgewandelt, welche dann für weitere Hydroxylierungsreaktionen zur Verfügung steht [2].
Ascorbinsäure ist neben der Noradrenalinsynthese auch für die Biosynthese von Adrenalin zuständig [16].
Carnitin – Biosynthese
L-Carnitin wird aus den beiden Aminosäuren Lysin und Methionin gebildet. Bei diesem chemischen Prozess darf L-Ascorbinsäure nicht fehlen [15]. Auch die B-Vitamine Niacin und Pyridoxin sind für die Biosynthese von Carnitin unabdingbar [16].
Carnitin wird für die Einschleusung langkettiger Fettsäuren in die Mitochondrien und damit zur Energiegewinnung benötigt. Bei geringen Ascorbinsäurespeichern mangelt es in der Muskulatur an Carnitin, wodurch es zu Störungen in der Fettsäureoxidation und schließlich zu Schwäche und Müdigkeit kommen kann [2, 15].
Einfluss auf neuroendokrine Hormone
Die Petidylglycin-alpha-amidierende Monooxygenase (PAM) ist ein Enzym, das sich in löslicher Form vor allem in der Hypophyse und membranständig im Vorhof des Herzens befindet. Mit Hilfe von L-Ascorbinsäure, Kupfer und molekularem Sauerstoff katalysiert PAM die alpha-Amidierung.
Bei Ascorbinsäuremangel wird die PAM-Aktivität herabgesetzt. In der Folge kann die alpha-Amidierung nicht effektiv ablaufen. Sie ist für die Entfaltung der biologischen Aktivität folgender Peptid- beziehungsweise neuroendokriner Hormone essentiell:
Bombesin* [1, 3, 6, 16]
Calcitonin [1]
Cholecystokinin [1]
CRH – corticotropin-releasing-hormone [1, 3, 6, 16]
Gastrin [1, 3, 6, 16]
GRF – gonadotropin-releasing-factor [1]
TRH – thyreotropin-releasing-hormone [1, 3, 6, 16]
Melanotropin [1]
Ocytocin [1]
Vasopressin [1]
Eine besondere Stellung nimmt Ascorbinsäure im Thyrosinmetabolismus ein. Dort bewahrt es das Enzym p-Hydroxyphenylbrenztraubensäure-Hydroxylase vor der Hemmung durch sein Substrat [2, 3, 16]. Bei Frühgeborenen mit einer Tyrosinämie reichen bereits kleine Dosen Ascorbinsäure aus, um den Serumtyrosinspiegel zu erhöhen beziehungsweise zu normalisieren [2, 3].
Eisenstoffwechsel
Phytate (in Getreide, Mais, Reis sowie Vollkorn- und Sojaprodukten), Tannine (in Kaffee und Tee) und Polyphenole (in schwarzem Tee) bilden mit Eisen einen nicht resorbierbaren Komplex und hemmen infolge dessen die Eisenaufnahme. Indem Ascorbinsäure deren Wirkung abschwächt, wird die enterale Eisenresorption erhöht [3, 8, 16].
Vor allem lässt sich die Bioverfügbarkeit von pflanzlichem Nicht-Hämeisen durch das gleichzeitige Angebot von Ascorbinsäure erheblich steigern [2, 4, 12]. Durch die Reduktion von Fe3+ zu Fe2+ verbessert Ascorbinsäure die Absorption von Nicht-Hämeisen um den Faktor 3-4 und stimuliert deren Einbau in das Eisenspeicherprotein Ferritin [2, 4, 12, 16]. Zudem erhöht das wasserlösliche Vitamin die Stabilität des Ferritin-Eisenkerns [2].
Entgiftungsreaktionen
Durch die in den Lebermikrosomen lokalisierten mischfunktionellen Oxidasen und den dabei benötigten zahlreichen Hydroxylierungsreaktionen werden unter Beteiligung von Ascorbinsäure als Cofaktor toxische Metaboliten, Xenobiotika – beispielsweise Herbizide, Umweltgifte – und Medikamente entgiftet [1, 3, 7, 16]. Dieser Entgiftungsmechanismus lässt sich in der wesentlichen Funktion von L-Ascorbinsäure als Radikalfänger erklären. L-Ascorbinsäure stimuliert die Synthese der Cytochrom P-450 abhängigen Enzyme [7], die toxische Substanzen entgiften, und bietet Schutz vor der Inaktivierung durch Sauerstoffradikale [1, 3, 16].
Weiterhin mindert Ascorbinsäure die Toxizität von Selen, Blei, Vanadium sowie Cadmium [12].
Bei einem physiologischen pH-Wert des Magensaftes können aus Nahrungsnitrit und zahlreichen ubiquitär vorkommenden Aminen Nitrosamine entstehen, die die Leber schädigen und die Bildung maligner Tumore begünstigen können [1, 3, 16]. L-Ascorbinsäure ist in der Lage, die Bildung dieser hepatoxischen und kanzerogenen Nitrosamine zu hemmen [1, 3, 12, 16].
Glykolisierung von Proteinen
Die Glykolisierung von Proteinen ist die Folge der Reaktion von Eiweißen und Kohlenhydraten beziehungsweise Zuckermolekülen, bei der es zum Verkleben beider Strukturen kommt. Diese Verklebungen machen die Proteinstrukturen unbrauchbar.
Von wesentlicher Bedeutung ist die Glykolisierung des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin. Verzuckertes Hämoglobin – HbA1 – dient als Marker für das Ausmaß der Glykolisierung im Körper. Es ist in dieser Form für den Sauerstofftransport im Blut und in die Zelle unbrauchbar.
L-Ascorbinsäure kann über eine kompetitive Hemmung der Aminogruppe des Proteins die Glykolisierung der Proteine vermindern [3, 12, 16]. So sanken bei Diabetikern während einer dreimonatigen Supplementation mit 1 Gramm L-Ascorbinsäure pro Tag das chromatographisch bestimmte HbA1 um 16% und die Fructosamine um 33% [3, 16].
Demzufolge kann die Supplementation von L-Ascorbinsäure behilflich sein, das Risiko der Entwicklung diabetischer Spätschäden zu reduzieren [3, 16].
* Bombesin gehört zu den neuroendokrinen Hormonen bzw. Releasing-Hormonen. Als Oligopeptid – aus 3-14 Aminosäuren bestehend – wird es vom Hypothalamus zur Hypophyse durch das Portalgefäßsystem transportiert. Bombesin wird im Hypothalamus gebildet (hypophyseotropes Hormon) und ist insbesondere in den APUD-Zellen des Nervensystems (Zellen des APUD-Systems mit der gemeinsamen Fähigkeit, Amine beziehungsweise deren Vorstufen aufzunehmen und zu decarboxylieren, das heißt Polypeptidhormone zu bilden) sowie der Duodenalmukosa (Schleimhaut des Zwölffingerdarms) nachweisbar. Neurohormone stimulieren im Hypophysenvorderlappen die Bildung und Ausschüttung glandotroper Hormone. Zudem regt Bombesin die Magensäure-, Gastrin- und Cholezystokinin-Sekretion an.
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